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                                    Ein zentrales Thema bei Euch ist der %u201eTagestreff%u201c. Warum ist Euch das so wichtig?Frank: Weil er eine Antwort auf ein Problem ist, die Einsamkeit. Unsere Tagestreffs (in Bocholt & Anholt) sind Orte, an denen Menschen zusammenkommen k%u00f6nnen. Es geht hier nicht um Pflege, sondern um Austausch, um Struktur und um Sinn. Gerade %u00e4ltere Menschen brauchen Orte, an denen sie gesehen werden. Das schaffst Du %u00fcber Gespr%u00e4che, %u00fcber Vertrauen, %u00fcber gemeinsames Tun.Samuel: Deshalb hei%u00dfen unsere Einrichtungen auch nicht %u201eTagespflege%u201c, sondern bewusst %u201eTagestreff%u201c. Der Begriff%u201ePflege%u201c wirkt oft abschreckend. Viele sagen: %u201eIch brauche keine Pflege.%u201c Aber einen Ort, an dem man dazugeh%u00f6rt, den brauchen viele. Und genau das bieten wir.Das klingt nach einem sehr umfassenden Ansatz. Wie bringt Ihr das alles unter ein Dach?Samuel: Wir arbeiten standort%u00fcbergreifend %u2013 mit einem starken Team. Unsere Basis ist das Haus Rothkirch in Anholt, mit station%u00e4rer Pflege und Kurzzeitpflege, betreutem Wohnen, Tagestreff und RSD Ambulant, unserem ambulanten Pflegedienst. In Bocholt haben wir den Bokeltsen Tagestreff und ebenfalls RSD Ambulant. Im Kreis Coesfeld weitere Pflegest%u00fctzpunkte. Insgesamt sind wir knapp 150 Mitarbeitende. Und wir versuchen, immer neu zu denken. Wie schaffen wir besipielsweise Versorgungslandschaften, die wirklich nah am Menschen sind?Und wie sieht f%u00fcr Euch die Zukunft aus?Samuel: Wir feiern im Mai das 30-j%u00e4hrige Jubil%u00e4um von unserem ersten Tagestreff und im Oktober 45 Jahre Haus Rothkirch. Die alten Weggef%u00e4hrten kommen, Tagesg%u00e4ste und Mitarbeiter. Und wir schauen zur%u00fcck %u2013 aber vor allem schauenwir nach vorne. Wir wollen Pflege nicht nur erhalten, sondern gestalten. Mit Menschen, die das gleiche Ziel haben. N%u00e4he, W%u00fcrde, Lebensqualit%u00e4t. Und das f%u00fchlt sich richtig an.Herkunft, Wandel und das LebenswerkFrank, wenn Du heute zur%u00fcckblickst, was siehst Du?Frank: Ich sehe viele Bilder. Meine Eltern, wie sie das Heim aufbauen. Die ersten Teppiche haben wir selbst verlegt. Ich erinnere mich an N%u00e4chte, in denen ich Dienst gemacht habe, zur Unterst%u00fczung des Personals. An das erste gro%u00dfe Fest mit den Bewohnerinnen. An die ersten Skeptiker, die meinten: %u201ePrivat kann man Pflege nicht machen.%u201c Und ich sehe heute, wie weit wir gekommen sind. Das macht mich stolz.Was hat Dich damals bewegt, diesen Weg %u00fcberhaupt einzuschlagen?Frank: Mein Vater (betrieb eine B%u00e4ckerei ) war selbstst%u00e4ndig in Bocholt, musste aus gesundheitlichen Gr%u00fcnden aufh%u00f6ren. Nach einer Umschulung zum Altenpfleger wollte er wieder selbstst%u00e4ndig arbeiten, also baute er ein kleines Altenheim in Anholt, welches er mit meiner Mutter betrieb. Ein mutige Entscheidung im Jahr 1980. So wurde auch ich Altenpfleger und wollte vieles anders machen. Dann habe ich irgendwann gesagt: %u201eJetzt gehe ich selbst in die Selbstst%u00e4ndigkeit.%u201c Es war viel Pionierarbeit.Pflege bedeutet f%u00fcr uns nicht nur Versorgung, sondern Begegnung. - Samuel Rothkirch -Portrait I 127
                                
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